Zur Rekultivierung und Nutzung

eines alten Steinbruches in Niederkleen


 

Eine sog. Rekultivierung, „eine wieder Urbarmachung“, ist ausgeschlossen, nicht möglich. Niemand kann das Material welches herausgeholt wurde wieder so einbauen wie es vor-her lagerte. Woher kommt das Wort Rekultivierung? Es leitet sich von Kultur ab.

 

Kultur leitet sich vom lat. cultura („Bearbeitung, Pflege, Ackerbau“) ab, was wiederum eine Ableitung von colere, „pflegen, urbar machen, ausbilden“, ist. Ein weiteres Wort aus dieser Gruppe was sich von colere ableitet ist Kult oder auch Kultus (cultus ((deorum)) Götterverehrung. Die Götter sollen uns durch religiöse Handlungen gewogen gestimmt werden.

Nach Kant sind Mensch und Kultur ein Endzweck der Natur.

Das bedeutet, dass die Natur die Maßstäbe vorgibt mit denen wir Menschen letztendlich zurechtkommen müssen, welche unser Habitat gestalten. Große Fehler dürfen wir uns somit nicht gestatten, um das uns verträgliche Habitat dauerhaft zu erhalten. Dieser Endzweck der Natur fordert vom Menschen die Fähigkeit so zu handeln, dass jeder wollen kann, dass diese Handlungsmaxime zugleich ein allgemeines Gesetz werde.

Die Natur kennt prinzipiell keine Kultur im Sinne der menschlichen Vorstellungen. Der Natur ist es egal ob hier ein großes Loch in der Erde bleibt oder ob es verfüllt wird, mit welchem Material auch immer.

Um zu wissen, was für uns das Richtige ist, wie wir hier handeln sollten, im Jetzt und in der Zukunft, müssen wir in die Vergangenheit schauen. Wenn wir dies tun, lässt sich retrospektiv leicht erkennen, was dort falsch gemacht wurde. Diese Erkenntnis bezieht sich auch auf den Umgang mit von Menschen geschaffenen Berg- und Abbautätigkeiten. Siehe auch unter Geotopschutz HLNUG, sowie Stadt Gießen.

In überwiegender Anzahl (fast alle) hat man diese Löcher, Gruben und Brüche verfüllt. Meist verfüllt mit irgendwie chemisch belastetem Material. Zeitbomben sind entstanden die wir möglicherweise nicht mehr unter Kontrolle haben. Wundervolle Beispiele für solches Tun sind der frühere

- Steinbruch in Offheim bei Limburg, - die sog. „Bio Abfall“ Deponien in Lindenholzhausen und Aßlar,

- diverse Sandgruben um Rockenberg,

- Deponien in Echzell-Bisses, Reichelsheim-Blofeld,

- mehrere größere und kleiner Kalksteinbrüche

z.B. der der Gemeinde Lang-Göns,

- diverse weitere Kalkabbaustellen in der Nähe Niederkleens,

 

um nur einige zu nennen.

All diese Stellen wurden fast ausschließlich mit Müll, nicht nur Hausmüll, verfüllt. Es wurden Fässer unbekannten Inhaltes verklappt, ebenso wurden sie auch zum Abbrennen von Kabeln genutzt (selbst im Wasserschutzgebiet Niederkleens).

 

Zum Teil wurden sie mit weiterem Aushub aus Siedlungsgebieten abgedeckt, der per se immer in irgendeiner Form (chemisch) belastet ist.

 

In der Regel findet man in den Klüften dieser Steinbrüche (ob aus Kalk oder Basalt) und in der Nähe von Sandgruben, in deren Tiefe, auch größere Mengen Grundwasser.

 

Wasser, unser wichtigstes Lebensmittel.

 

Ob und inwieweit verschiedene Grundwasserhorizonte gerade im Bereich alter devonischer Kalksteinformationen (Riffkalk), so wie diese um Niederkleen zu finden sind, miteinander kommunizieren ist nicht bekannt. Dazu gibt es keine belastbaren Untersuchungen.

 

Bezüglich von Wasser ist man lange davon ausgegangen dies sei ähnlich wie Luft in eher unerschöpflicher Menge vorhanden. Dass dies nicht so ist lehrt v. a. auch die jüngere Geschichte. Neben dem Vorhandensein muss es, so wie auch die Luft, bekömmlich sein für unsere körpereigene Biosphäre.

 

Schmutziges Wasser kann nicht gewaschen werden“ Afrikanisches Sprichwort

 

Fundstellen, für bekömmliches Wasser mit Müll oder anderen Siedlungsmaterialien (Aushüben, Abbrüchen) zu verfüllen ist so ungefähr das Dümmste was wir Menschen tun können. Der Natur ist das gleichgültig, die kann auch ohne uns existieren. Allerdings ist es für unsere Spezies sehr wichtig, lebenswichtig, das Wasser. Es ist wichtig auch zukünftig, für kommende Generationen trinkbares Wasser zur Verfügung zu haben.

 

Die Wichtigkeit und Richtigkeit des Nicht Verfüllens einer solchen alten Abbaustelle er-gibt sich im Weiteren aus wissenschaftlichem Interesse an unserer Erdgeschichte. An dem dreidimensionalen Einblick in ein 360 Mio. Jahre altes subtropisches Korallenriff. Dieses alte Riff wird sich, so man es lässt, zu einem einmaligen Refugium für Flora und Fauna entwickeln. Das Wichtigste dabei ist, es wird dem für uns verträglichen Habitat nicht schaden.

 

Wer glaubt, man habe menschengemachte Abdichtungen, in solchen Strukturen, technisch sicher im Griff, um dann hier alles mögliche durch Lagerung loszuwerden, der irrt.

 

Kultur bedeutet eben nicht, dass der Mensch das Habitat in welchem er lebt, welches er zum Leben braucht, zerstört. Vor diesem Hintergrund sind die bisherigen Beschlüsse so einiger Entscheidungsträger als möglicherweise sehr bedenklich und unüberlegt anzusehen. Es bleibt zu wünschen, dass, wenn auch verspätet, im Sinne der kommenden Generationen hier neu und zukunftsweisend entschieden wird.

 

 

Wasser ist ein guter Diener, aber ein unbarmherziger Herr

John Bullein, 1562

 

© Klaus Textor Niederkleen, 20. Juli 2018